Messung und Modellierung des Spaltungs- und Koaleszenzverhaltens von Tropfen bei der Extraktion

  • Measurement and modeling of drop breakup and coalescence behaviour during extraction

Klinger, Sigrid Karin Irene; Pfennig, Andreas (Thesis advisor)

Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2007, 2008)
Doktorarbeit

Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2007

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit ist ein Beitrag zur Verbesserung der Berechenbarkeit von pulsierten Füllkörper-Extraktionskolonnen. Während bisher angewandte Modelle häufig noch die Polydispersität der Tropfen vernachlässigen, versprechen neuere Berechnungsansätze, die auf der Bilanzierung der Tropfenpopulation im Extraktionsapparat basieren, genauere Ergebnisse. Mit diesen Ansätzen können die Spaltung und Koaleszenz von Tropfen und dadurch die Tropfengrößenänderungen im Apparat berücksichtigt werden. Diese sind wichtig, da sie mit den Stoffaustausch- und Sedimentationsvorgängen wechselwirken. Für die neueren Berechnungsansätze müssen Kenntnisse über das Spaltungs- und Koaleszenzverhalten vorliegen, beispielsweise müssen die Spalt- und Koaleszenzfrequenzen bzw. wahrscheinlichkeiten bekannt sein. Um das Spaltungs- und Koaleszenzverhalten in pulsierten Füllkörper-Extraktionskolonnen zu untersuchen, wurden Experimente in einer Labormeßzelle durchgeführt. Die Tropfenspektren wurden dabei fotografisch entlang der Kolonnenhöhe bestimmt und ausgewertet. Die Messungen ohne Stoffaustausch wurden mit drei Standardtestsystemen n Butylacetat (d), Toluol (d) und n Butanol (d) + Wasser durchgeführt, die durch verschiedene Grenzflächenspannungen gekennzeichnet sind. Durch die Verwendung von unterschiedlichen Dispersphasenverteilern konnte die Tropfengröße der in die Meßzelle eingespeisten Dispersion derart eingestellt werden, daß im einen Fall die Spaltprozesse, im anderen Fall die Koaleszenzprozesse überwogen. Die Tropfengrößen wurden im sogenannten Kolonnen-Einlaufbereich vor Erreichen des Gleichgewichts zwischen Spaltung und Koaleszenz untersucht. Das Versuchsprogramm sah eine Untersuchung der fluiddynamischen Einflüsse durch Variation der Pulsationsbedingungen und des Volumenstroms der dispersen Phase vor. Die Experimente wurden jeweils mit Interpack-Füllkörpern und mit Pall-Ringen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, daß nicht nur die Pulsationsintensität af, sondern auch die Pulsationsbeschleunigung af 2 die Tropfengröße im Apparat beeinflußt. Ein Einfluß des Dispersphasen-Volumenstroms konnte in den Experimenten deutlich beobachtet werden. Unter Berücksichtigung der im Experiment gewonnenen Erkenntnisse wurden Modelle für das Spaltungs- und Koaleszenzverhalten erstellt. Dazu wurde eine Energiebilanz für einen sich an einer Füllkörperkante spaltenden Tropfen formuliert, anhand derer sich der stabile Grenztropfendurchmesser ermitteln läßt, mit dessen Hilfe sich die Tropfenpopulation in spaltbare und nicht spaltbare Tropfen aufteilen läßt. Für die Spaltwahrscheinlichkeit und Tochtertropfenverteilung wurden Modelle angelehnt an Literaturdaten für geordnete Packungen erstellt, da die Spaltvorgänge an Füllkörperkanten denen in strukturierten Packungen ähnlich sein dürften. Für die Koaleszenzwahrscheinlichkeit eines Tropfens wurde ein empirischer Ansatz gewählt, der den Einfluß des Tropfendurchmessers und des Holdup sowie weiterer Einflußfaktoren wie bspw. Stoffeigenschaften berücksichtigt. Diese Modelle wurden in das am Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik der RWTH Aachen entwickelte Simulationsprogramm ReDrop (Representative Drops) für Extraktionskolonnen implementiert. Das Simulationsprogramm verwendet zur Lösung der Tropfenpopulationsbilanz einen Monte-Carlo-Algorithmus und benutzt zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten Zufallszahlen. In der Simulation werden die Tropfeneinspeisung, die Tropfenbewegung durch Sedimentation sowie die Spalt- und Koaleszenzprozesse abgebildet. Die errechneten Tropfenspektren werden den gemessenen Tropfenspektren in einer Bildschirmausgabe gegenüber gestellt. Aus den implementierten Modellen zur Spaltung und Koaleszenz ergaben sich vier Parameter. Zur Optimierung wurden die Parameter für jedes Stoffsystem systematisch innerhalb sinnvoller Grenzen variiert und angepaßt. Mit dieser Parameteranpassung zeigte sich eine gute Übereinstimmung von gemessenen und berechneten Daten. Zusätzlich wurde die Berechnung des stabilen Grenztropfendurchmessers (Spaltmodell) separat mit Literaturdaten für geordnete Packungen verglichen. Für das n Butylacetat-System ergab sich eine sehr gute Übereinstimmung von Meßdaten und ReDrop-Simulationsergebnissen. Beim Toluol-System zeigten die Ergebnisse trotz Abweichungen einen tendenziell ähnlichen Verlauf. Weiterhin wurden Simulationen für das n-Butylacetat-Stoffsystem im Technikumsmaßstab durchgeführt und mit Meßdaten einer Technikumskolonne verglichen. Mit einem nahezu identischen Parametersatz wie in den Meßzellen-Simulationen konnten die gemessenen Tropfengrößen für die unterschiedlichen Betriebsbedingungen gut wiedergegeben werden. Dies bedeutet, daß ein Parametersatz existiert, der für ein Stoffsystem spezifisch ist, und mit dem sich trotz unterschiedlicher Betriebsparameter die Tropfengrößen gut beschreiben lassen.

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